Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen
Nachweisgesetz neu ab 01.08.2022
Weshalb wird das Nachweisgesetz 2022 geändert?
Das Nachweisgesetz wird zum 01.08.2022 geändert. Hintergrund ist die Richtlinie 2019/1152 über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen. Durch die Richtlinie werden die Rechte aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gestärkt und erweitert:
- ausführlichere Unterrichtung über wesentliche Aspekte des Beschäftigungsverhältnisses, frühzeitig und in schriftlicher Form;
- Höchstdauer für die Probezeit zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses;
- Möglichkeit der Mehrfachbeschäftigung, Verbot von Ausschließlichkeitsklauseln und Einschränkungen für Unvereinbarkeitsklauseln;
- Mindestplanbarkeit der Arbeit mit angemessenem Vorlauf für Arbeitnehmer/innen, deren Arbeitszeitplan unvorhersehbar ist (Arbeit auf Abruf pp.);
- Vorschriften zur Verhinderung von Missbrauch für Null-Stunden-Verträge;
- Anspruch auf schriftliche Antwort auf Ersuchen um Übergang zu einer Beschäftigungsform mit sichereren Arbeitsbedingungen;
- Anspruch auf kostenlose obligatorische Fortbildung im Falle der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Bereitstellung einer solchen Fortbildung.
Der europäische Gesetzgeber sah es als notwendig an, eine neue Richtlinie zu erlassen. Da sich auf den Arbeitsmärkten wegen der demografischen Entwicklung und der Digitalisierung neuen Formen der Beschäftigung entwickelt hätten, müssten Arbeitnehmer „zeitnah, schriftlich und in leicht zugänglicher Form” über die wesentlichen Arbeitsbedingungen informiert werden (vergl. EG 4).
Die Richtlinie 2019/1152 gilt gem. Art. 288 Abs. 3 AEUV nicht unmittelbar – wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) – sondern muss von den Mitgliedstaaten zunächst in nationales Recht umgesetzt werden. Als Frist für die nationale Umsetzung war der 31.07.2022 vorgegeben worden.
Durch das neue Nachweisgesetz werden nun die bereits bestehenden Nachweispflichten erheblich erweitert und ergänzt.
Was bisher schon in Nachweisgesetz geregelt ist …
Bereits bestehende Verpflichtungen nach dem Nachweisgesetz (bis 31.07.2022)
- Name und Anschrift der Vertragsparteien
- Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
- Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
- Arbeitsort
- Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
- Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
- Arbeitszeit
- Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
- Kündigungsfristen
- allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind
Weitere Vorgaben gelten für Praktikanten (§ 2 Abs. 1 a NachwG) und Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistung länger als einen Monat außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erbringen (§ 2 Abs. 2 NachwG).
Was müssen Arbeitgeber ab dem 01.08.2022 bei neuen Arbeitsverträgen beachten?
Ab dem 01.08.2022 müssen Arbeitgeber spätestens am 7. Kalendertag nach Tätigkeitsbeginn, noch folgende Angaben zusätzlich machen:
- Enddatum des Arbeitsverhältnisses
- ggf. freie Wahl des Arbeitsorts durch den Arbeitnehmer
- sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit
- die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
- die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen
- bei Arbeit auf Abruf neben der Vereinbarung, dass Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen ist, die Zahl der zu vergütenden Mindeststunden, der jeweilige Zeitrahmen und die Frist für die Anordnung der Lage der Arbeitszeit im Voraus durch den Arbeitgeber
- sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
- ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
- wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist
- das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
- n der Vereinbarung, dass Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen ist, die Zahl der zu vergütenden Mindeststunden, der jeweilige Zeitrahmen und die Frist für die Anordnung der Lage der Arbeitszeit im Voraus durch den Arbeitgeber
sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen - ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
- wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist
- das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.
Was passiert, wenn gegen die neuen Regelungen des Nachweisgesetzes verstoßen wird?
Die bisherigen Fristen zur Erbringung des Nachweises werden auf sieben Kalendertage nach dem Beginn der Tätigkeit verkürzt. Arbeitgeber müssen also innerhalb von sieben Kalendertagen (nicht Arbeitstagen!) die nach dem Nachweisgesetz erforderlichen Angaben schriftlich – nicht elektronisch – dem Arbeitnehmer mitteilten. Diese Frist einzuhalten kann bei Feiertagen wie Ostern oder Weihnachten, an denen in der Regel die Stammbelegschaft auch schon reduziert, eine echte Herausforderung sein.
Wird diese Frist missachtet, oder werden falsche Angaben gemacht, stellt dieses eine mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 EUR bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten dar. Dabei kann jeder einzelne Verstoß mit bis zu 2.000 EUR sanktioniert werden.
Welche Konsequenzen hat das Nachweisgesetz auf bestehende Arbeitsverhältnisse?
Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen ist zunächst nichts veranlassen. Wenn Arbeitnehmer, die vor dem 01.08.2022 eingestellt wurden, es verlangen, muss eine Niederschrift mit den neuen Pflichtangaben aushändigt werden. Innerhalb von sieben Tagen muss eine Niederschrift mit den wichtigsten Angaben ausgehändigt werden; innerhalb einer Frist von einem Monat ab dem Antrag eine Niederschrift mit den übrigen Angaben.