Auskunft:
Wenn fertig,
dann fertig.
Landgericht Potsdam, Urteil vom 15.07.2024,
Aktenzeichen 2 O 107/23
Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO ist eines der zentralen Rechte der betroffenen Personen gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Viele Unternehmen stehen vor der Frage, wie sie diesen Anspruch korrekt und effizient erfüllen können, ohne sich rechtlichen Risiken auszusetzen.
Art. 15 DSGVO räumt betroffenen Personen das Recht ein, zu erfahren, ob und welche personenbezogenen Daten ein Unternehmen über sie verarbeitet. Dies umfasst auch das Recht auf Kopien dieser Daten. Viele Betroffene interpretieren dieses Recht allerdings weit und fordern unter Umständen die Herausgabe umfangreicher Dokumentationen, wie etwa aller E‑Mails der letzten zehn Jahre, in denen ihr Name erwähnt wird. Solche Anfragen können Unternehmen erheblich belasten und erfordern daher eine sorgfältige Bearbeitung.
So hat es der Bundesgerichtshof (BGH v. 16.4.2024 — VI ZR 223/21) formuliert:
Aktuelle Urteile, wie das des Landgerichts Potsdam (Urteil vom 15.07.2024, Aktenzeichen 2 O 107/23), verdeutlichen, dass Unternehmen gut beraten sind, den Umfang des Auskunftsanspruchs klar zu definieren.
Im besagten Fall wurde entschieden, dass ein Auskunftsanspruch nicht deshalb unvollständig ist, weil der Verantwortliche nicht explizit darauf hinweist, welche Dokumente nicht vorhanden sind.
Wichtig ist jedoch, dass alle verarbeiteten personenbezogenen Daten vollständig mitgeteilt werden.
Im Fall vor dem Landgericht Potsdam verlangte der Kläger (ein Mieter einer WEG-Wohnung) eine umfassende Auskunft über seine personenbezogenen Daten von dem WEG-Verwalter. Der Verwalter, der die Auskunft mit unserer Unterstützung erteilte, nutzte dafür ein anwaltlich geprüftes Muster, das speziell für solche Auskunftsersuchen von uns entwickelt wurde. Trotz der erteilten Auskunft war der anwaltlich vertretene Kläger der Meinung, dass diese unvollständig sei, und forderte eine Nachbesserung an, die aber wegen Ihrer Unbestimmtheit verweigert wurde (sinngemäß “Wir gehen davon aus, dass noch weitere Daten verarbeitet werden. Der Auskunftsanspruch umfasst alle internen Dokumente und Konversation mit Dritten. Erteilen Sie daher vollumfänglich Auskunft.”).
Von uns wurde außergerichtlich mehrfach nachgefragt, was denn nach Auffassung des Klägers fehlen würde — das wollte der Kläger natürlich nicht beantworten. Er verlangte aber auch nicht die Zusicherung, dass die Angaben vollständig und richtig sind. Vielmehr verlangte er nun Schadensersatz für den erlittenen Schaden, der ihm nach seiner Auskunft durch die nicht vollständig erteilten Auskunft entstanden sei. Die verlangte Zahlung wurde ebenso zurückgewiesen.
Der Kläger reichte daraufhin Klage beim Landgericht Potsdam ein und verlangte Schadensersatz von ca. 11.000 EUR nebst Zinsen und vorgerichtliche Anwaltskosten von knapp 1.000 EUR.
Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die Auskunft vollständig erteilt worden sei. Insbesondere muss nicht Auskunft über Daten erteilt werden, die nicht verarbeitet werden. Eine Erklärung, wie etwa
„Wir verarbeiten Ihren Namen, Vorname und Ihre Wohnanschrift, aber nicht Daten über Ihre Krankheiten, Hobbys und Schuhgröße.”
kann nicht verlangt werden.
Das Urteil schafft Klarheit über den Umfang der zu erteilenden Auskunft und grenzt diese von unsubstantiierten “Nachforderungen” ab.
In einigen Fällen kann die betroffene Person eine eidesstattliche Versicherung darüber verlangen, dass die Auskunft vollständig und richtig ist. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben bestehen. Gemäß § 259 Abs. 2 BGB kann eine solche Versicherung verlangt werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht wurden. Im beschriebenen Fall wurde jedoch keine eidesstattliche Versicherung verlangt, obwohl dies möglich gewesen wäre. Dennoch ist es für Unternehmen wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass die Abgabe einer solchen Versicherung im Streitfall verlangt werden könnte.
Die Konsequenzen einer unzureichenden Auskunftserteilung können schwerwiegend sein. Verstöße gegen die Auskunftspflicht können zu erheblichen Schadensersatzforderungen führen. Gerichte in Deutschland haben bereits in mehreren Fällen entschieden, dass Betroffene bei unzureichender Auskunft Anspruch auf Schadensersatz haben können. Daher ist es unerlässlich, Auskunftsersuchen rechtzeitig und umfassend zu beantworten.
Um den Auskunftsanspruch effizient zu erfüllen, sollten Unternehmen frühzeitig organisatorische und technische Maßnahmen ergreifen. Dies umfasst die Implementierung von Datenmanagementsystemen, die es ermöglichen, relevante Daten schnell zu identifizieren und bereitzustellen. Überdies sollte klar definiert sein, wer im Unternehmen für die Bearbeitung solcher Anfragen zuständig ist, um Verzögerungen und Fehler zu vermeiden.
Durch eine strukturierte Herangehensweise und das Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen können Unternehmen den Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO effizient erfüllen und rechtliche Risiken minimieren.