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pro virtute et prudentia.
Jeder, der von der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten betroffen sein könnte, hat nach Art. 15 DSGVO einen Anspruch darauf, dass ihm die wesentlichen Bedingungen der Verarbeitung genannt werden.
Häufig kommt es dabei vor, dass die Einschaltung eines Anwaltes notwendig ist, z. B. weil der Datenverarbeiter keine oder nur eine ungenügende Auskunft erteilt.
Wenn ein Anwalt eingeschaltet wird, stellt sich dann die Frage, wie das Honorar der Anwaltes für die Geltendmachung der Ansprüche nach Art. 15 DSGVO berechnet wird. Grundlage der Berechnung der – gesetzlichen – Vergütung ist der sog. Gegenstands- oder Streitwert. Von ihm hängt die Gebührenhöhe ab, soweit der Anwalt und seine Mandantin nicht eine abweichende Vereinbarung über das zu zahlende Honorar getroffen haben.
An der Frage, welche Schadensersatz denn zu leisten wäre, wenn gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach Art. 15 DSGVO verstoßen wird, scheiden sich die Geister. Teilweise wird die Auffassung vertreten, der immaterielle Schaden läge (pauschal) bei 5.000 EUR. Teilweise wird die Auffassung vertreten, es gäbe in Ermangelung eines Schadens auch keinen Schadensersatz. Schließlich sei wegen des Verstoßes gegen Art. 15 DSGVO nicht sogleich die auch Verarbeitung rechtswidrig. Andere Gerichte (z. B. Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 22. Oktober 2021 – 16 Sa 761/20 –, juris) halten einen Betrag von 1.250 EUR für angemessen.
Wenn sich der Wert des Verfahrens an dem Wert des zuzuerkennenden Schadensersatzes bemisst, lässt sich hier eine Bandbereite von 0,00 EUR bis 5.000 EUR und mehr finden.
Da macht es Sinn, das sich der EuGH mit der Frage beschäftigt, wie die Höhe des zu ersetzenden immateriellen Schadens zu bemessen wäre. Das BAG hat dem EuGH genau diese Frage gestellt (Vorlagebeschluss EuGH vom 26.08.2021 – 8 AZR 253/20 A).
Mal sehen, was entschieden wird…
Die Auswertung einiger Urteile (siehe Übersicht unten) zeigt, dass unter der Geltung des alten Bundesdatenschutzgesetzes die Gerichte i.d.R. von einem Gegenstandswert von etwa 500 EUR ausgingen. Begründet wurde dieses u.a. damit, dass es sich ja „nur“ um eine Auskunft handele, die für sich genommen keinen wirtschaftlichen Wert habe.
Seit der Geltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wird nun vermehrt entschieden, dass der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO für sich alleine schon „wertvoll“ ist. Schließlich können erst nach Erhalt der Auskunft ggf. Rechte auf Löschung usw. geltend gemacht werden.
Zudem ist eine deutliche Tendenz zu erkennen, den Gegenstands- bzw. Streitwert des Auskunftsanspruches nach Art. 15 DSGVO mit 5.000 EUR zu bewerten.
Ausgehend von einem Gegenstands- bzw. Streitwert von 5.000 EUR liegen die anwaltlichen Gebühren im außergerichtlichen Bereich bei 480,12 EUR (inkl. 16 % MwSt. – 1,3 fache Geschäftsgebühr). Da es sich im Rechtsgebiet Datenschutz um eine Spezialmaterie handelt, kann die Geschäftsgebühr bis zu einem Faktor von 2,5 angemessen erhöht werden.
Üblich sind im datenschutzrechtlichen Themenbereich Erhöhungen – insbesondere bei umfangreichem Schriftwechsel usw. – auf einen Faktor von 1,9. Hieraus würde sich dann eine Gebühr von 691,01 EUR berechnen.
Für den Fall, dass ein Gerichtsverfahren notwendig ist, berechnet sich eine Gebühr von 1.118, 41 EUR bis zu 1.329,30 EUR (ohne die bei einem Vergleich anfallende Einigungsgebühr). Bei der Berechnung der Gebühr für das Gerichtsverfahren (Klage 1. Instanz), wird die Gebühr, die der Anwalt für die außergerichtliche Tätigkeit berechnet hat, aber teilweise wieder angerechnet.
Leider eine etwas komplizierte Berechnung. Aber so haben Sie erstmal einen groben Überblick.
Gericht | Fundstelle | Gegenstandswert | Anmerkung |
---|---|---|---|
LG Bonn, 15. Zivilkammer, Urteil vom 01.07.2021, 15 O 355/20 | juris | 500 EUR | Ein Streitwert von 5.000 EUR sei nicht nachvollziehbar. In aller Regel sei ein Wertinteresse von 500 EUR angemessen; etwas anderes gelte, wenn die mit der Auskunft verlangten Ziele ein konkret gesteigertes Wertinteresse erkennen lassen. (Rdnr. 52). |
LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer, Beschluss vom 18.03.2021, 26 Ta (Kost) 6110/20 | juris | 500 EUR | grundsätzlich nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG 5.000 EUR; bei reinen Auskunftsansprüchen, die auf die Erfüllung des reinen Informationsinteresse gerichtet sind 500 EUR. Bei Auskünften zur Vorbereitung einer Leistungsklage, 10 bis 50 % des zu erwartenden Leistungsantrags, zu dessen Durchsetzung die verlangte Information dienen soll |
OLG Köln 9. Zivilsenat, Beschluss vom 12.11.2020, I-9 W 34/20 | CR 2021, 162 | 5.000 EUR | Wird dem Auskunftsbegehren mittelbar auch ein wirtschaftliches Ziel verfolgt, ist die Festsetzung eines pauschalen Streitwertes in Höhe von 5.000 Euro für den Datenauskunftsanspruch angemessen (Festhaltung OLG Köln, 6. Februar 2020, 20 W 9/19, CR 2020, 239). |
ArbG Düsseldorf, Urteil vom 05.03.2020, 9 Ca 6557/18 | Veröffentlichung ArbG Düsseldorf (Streitwertentscheidung s. III) | 2.000 EUR | 2.000,00 EUR für die Auskunft nach Art. 15 DSGVO 1.000,00 EUR für die Auskunft nach Art. 13 Abs. 1 lit. e DSGVO (Auskunft über Empfänger oder Kategorien von Empfängern) 3.000,00 EUR für die Anforderung einer Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten 500,00 EUR für die Auskunft, wer, wann, auf welche Weise und wem Anweisungen zur Löschung von Daten erteilt hat 500,00 EUR für die Auskunft, wer wann und wie gelöscht hat 500,00 EUR für das Verlangen eine vollständige Fotokopie eines Data Transfer Agreeements (DTA) zu erhalten |
OLG Köln, 20. Zivilsenat, Beschluss vom 06.02.2020, I-20 W 9/19 | CR 2020, 239 | 5.000 EUR | Der Streitwert einer Auskunftsklage gem. Art. 15 DS-GVO ist angesichts der hierdurch geschützten grundrechtlichen Position bereits dann mit pauschal 5.000 € zu bewerten, wenn sich der Kläger durch die erstrebten Auskünfte zumindest auch mittelbare wirtschaftliche Vorteile verspricht. (2. Leitsatz, |
LAG Düsseldorf, Beschluss vom 16.12.2019 | Arbeit und Recht (ArbuR) 2020, Seite 286 | 500 EUR | Der Wert eines Auskunftsbegehrens nach Art. 15 DSGVO beträgt 500,00 Euro, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten. |
LG Berlin, 35 Zivilkammer, Beschluss vom 16.12.2019, 35 T 14/19 | ZD 2020, 203 | 2.000 EUR | Bei dem Umgang mit persönlichen Daten handelt es sich um grundrechtlich geschützte Positionen. Es muss daher ein höherer Wert als 500 EUR angesetzt werden. 2000 EUR sind jedenfalls dann angemessen, wenn im Zusammenhang mit dem Auskunftsanspruch ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht behauptet wird. |
Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 12.12.2019, L 2 SV 2/19 B | juris | 5.000 EUR | Rechtswegbeschwerde, Auskunftsverlangen über Sozialdaten, Klage gegen MDK wegen Verstoßes gegen Art. 15 DSGVO Kostenentscheidung nach § 197 a SGG Als Streitwert hatte das Gericht 1.000 EUR für die Rechtswegbeschwerde festgelegt (=1/5 des Hauptsachewertes) |
VG Gießen, Urteil vom 23.10.2019, 4 K 252/19.GI | Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung (NZI), 2020, Seiten 36-39 | 5.000 EUR | Auskunftsverlangen eines Insolvenzverwalters gegen die Finanzbehörde |
AG München, Teilurteil vom 04.09.2019, 155 C 1510/18 | Zeitschrift für Datenschutz (ZD), 2019, Seiten 569-570 | 5.000 EUR | |
OLG Köln, Beschluss vom 03.09.2019, I-20 W 10/18, 20 W 10/18 | Zeitschrift für Datenschutz (ZD) 2019, Seiten 566-567 | 5.000 EUR | Auskunftsanspruch dient nicht dazu, als "Hauptsache" Schadensersatz geltend zu machen, sondern der Wahrnehmung der weiteren Rechte nach der DSGVO. |
OLG Köln, Urteil vom 26.07.2019, I-20 U 75/18, 20 U 75/18 | Zeitschrift für Datenschutz (ZD) 2019, Seiten 462-463 | 5.000 EUR | |
Sozialgericht Frankfurt (Oder), Gerichtsbescheid vom 08.05.2019, S 49 SF 8/19 DS | Zeitschrift für Datenschutz 2020, Seiten 165-166 | 5.000 EUR | Unzulässige Klage auf Verurteilung der Aufsichtsbehörde zur Vornahme einer bestimmten Maßnahme nach Auskunftserteilung des Verantwortlichen |
VG Bayreuth, Gerichtsbescheid vom 28.02.2019, B 9 K 18.1014 | juris | 5.000 EUR | |
VG Bayreuth, Beschluss vom 12.11.2018, B 9 E 18.1013 | juris | 5.000 EUR | Rechtswegentscheidung für Auskunftsverlangen nach Art. 15 DSGVO und § 83 SGB X gegenüber der Sozialverwaltung Das Gericht setzte 2.500 EUR für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit fest; d.h. 1/2 des für das Hauptsacheverfahrens anzunehmenden Streitwertes (=5.000 EUR) |
OLG Köln, Beschluss vom 05.02.2018, 9 U 120/17 | Zeitschrift für Datenschutz (ZD) 2018, Seite 268-269 | 500 EUR | Antrag auf Erteilung einer vollständigen Datenauskunft im Sinne von § 34 BDSG-alt, wenn mit der Auskunft ein nicht wirtschaftliches Interesse verfolgt wird. |
BGH, Beschluss vom 07.11.2017 | Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR) 2018, Seiten 286-287 | 400 EUR | Wert der Beschwer einer Verurteilung zur Auskunftserteilung: Bemessung für die Treuhandkommanditistin einer Publikums-Kommanditgesellschaft bei Auskunftserteilungspflicht über Namen, Anschrift und Beteiligungshöhe sämtlicher Treugeber |
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 23.05.2017, 5 U 34/17 | juris | 500 EUR | Auskunftsanspruch nach §§ 705, 716 bzw. §§ 675, 666 BGB eines Treugebers gegen die Treuhänderin einer kommanditgesellschaftsrechtlichen Beteiligung |