Abmahnung Datenschutzerklärung

Abmah­nung für feh­len­de oder unvoll­stän­di­ge Datenschutzerklärung

OLG Stutt­gart, Urteil vom 27. Febru­ar 2020 – 2 U 25719

Ob Abmah­nun­gen für einen Ver­stoß gegen die DSGVO mög­lich sind oder nicht, ist der­zeit noch umstrit­ten. Nun hat das Ober­lan­des­ge­richt Stutt­gart ent­schie­den, dass Abmah­nun­gen erfol­gen kön­nen. Lesen Sie die Hin­ter­grün­de des Fal­les und was Sie jetzt beach­ten müssen.

Über­blick: Abmah­nun­gen wegen Gesetzesverstößen

Das Wett­be­werbs­recht (ins­be­son­de­re das Gesetz gegen den unlau­te­ren Wett­be­werb — UWG) ent­hält Spiel­re­geln für Unter­neh­men im Geschäfts­ver­kehr (sog. “Markt­ver­hal­tens­re­geln”). Die­se Spiel­re­geln sol­len einen fai­ren (“lau­te­ren”) Wett­be­werb sicherstellen.

Ver­stößt ein Unter­neh­men gegen die­se Spiel­re­geln, kann ein Wett­be­wer­ber ver­lan­gen, dass die­ses inak­zep­ta­bles Ver­hal­ten künf­tig unter­bleibt und den für das Fehl­ver­hal­ten “Stö­rer” abmahnen.

Gegen die­se Markt­ver­hal­tens­re­geln darf ein Unter­neh­men nicht ver­sto­ßen — erfolgt die­ses den­noch, kann der Ver­stoß abge­mahnt wer­den. Wei­te­re Rechts­fol­gen kön­nen u.a. sein, dass der abmah­nen­de Wett­be­wer­ber den durch das Fehl­ver­hal­ten erziel­ten Gewinn abschöpft usw.

Aber nicht jede Regel und jedes Gesetz stellt aber eine Markt­ver­hal­tens­re­gel dar. Gemeint sind nur sol­che Vor­schrif­ten, die einen Ein­fluß auf den Wett­be­werb haben.

Wenn die Fahr­zeu­ge eines Unter­neh­mens stän­dig im Hal­te­ver­bot par­ken, ist die­ses zwar ein Ver­stoß gegen die gel­ten­den Geset­ze, kann aber nicht von einem Wett­be­wer­ber abge­mahnt wer­den. Ande­rer­seits kann ein Wett­be­wer­ber die Wer­bung auf einem Fahr­zeug abmah­nen, wenn dort z.B. steht “Wir sind bes­ser als unse­re Wett­be­wer­ber!” oder “Wir schrei­ben fai­re Rechnungen!”.

Nach Art. 12 ff. DSGVO muss ein Unter­neh­men der betrof­fe­nen Per­so­nen ver­schie­de­ne Infor­ma­tio­nen geben. Unter­bleibt die­ses, kann der Ver­stoß nach Art. 83 Abs. 5 lit. b DSGVO zwar zu einer Geld­bu­ße von bis zu 20 000 000 EUR oder im Fall eines Unter­neh­mens von bis zu 4 % sei­nes gesam­ten welt­weit erziel­ten Jah­res­um­sat­zes führen.

Frag­lich war jedoch, ob und inwie­weit ein Wett­be­wer­ber die­ses Ver­hal­ten als “unlau­ter” abmah­nen kann.

Um was ging es beim OLG?

Der abge­mahn­te Händ­ler ver­kauf­te Rei­fen auf der eBay-Platt­form und ver­ar­bei­tet dabei (natür­lich) per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten. Er hielt aber kei­ne “Daten­schutz­er­klä­rung” bzw. “Infor­ma­tio­nen zum Daten­schutz” vor. Er kam damit sei­ner Infor­ma­ti­ons­pflicht (Art. 12 ff. DSGVO) nicht nach.

Die­ses Ver­hal­ten mahn­te ein Ver­band als “Wett­be­werbs­ver­stoß” ab und erhob schließ­lich Kla­ge. Nach dem das Land­ge­richt Stutt­gart (Urteil vom 20.05.2019 — 35 O 6818 KfH) u.a. der Auf­fas­sung war, dass die Rege­lun­gen der DSGVO kei­ne “Spiel­re­geln des Mark­tes” dar­stell­ten (also ähn­lich bewer­tet wie das Falsch­par­ken des Wett­be­wer­bers), die wirk­sam abge­mahnt wer­den könn­ten, ging der Ver­band in die Beru­fung und leg­te das Ver­fah­ren dem OLG Stutt­gart vor.

Die Ent­schei­dung

Das Ober­lan­des­ge­richt Stutt­gart hat dann in sei­ner Ent­schei­dung vom 27. Febru­ar 2020 fest­ge­stellt, dass die Infor­ma­ti­ons­pflich­ten aus Arti­kel 13 Absatz 1 lit. a, c und Absatz 2 lit. b, d und e DSGVO Markt­ver­hal­tens­re­geln darstellen.

Da nach Auf­fas­sung des Gerich­tes Art. 80 DSGVO kei­ne abschlie­ßen­de Rege­lung über die Rechts­durch­set­zung von Ver­stö­ßen gegen die Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung ent­hält, sind Wett­be­werbs­ver­bän­de gemäß § 8 Absatz 3 Nr. 2 UWG i.V.m. § 8 Absatz 1 und § 3a UWG also befugt, sol­che Ver­stö­ße gegen Bestim­mun­gen der Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung gel­tend zu machen und abzumahnen.

Das Gericht unter­sag­te daher dem eBay-Händ­ler, die Kun­den­da­ten zu ver­ar­bei­ten, ohne dass er in einer Daten­schutz­er­klä­rung nach Arti­kel 13 Absatz 1 und 2 Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung (DSGVO) über die Ver­ar­bei­tung usw. informiert.

Die von dem Wirt­schafts­ver­band vor­ge­nom­me­ne Abmah­nung war nach Auf­fas­sung des OLG Stutt­gart recht­mä­ßig, was u.a. zur Fol­ge hat, dass der abge­mahn­te Händ­ler auch die Kos­ten des Ver­fah­rens usw. zu tra­gen hat.

Gegen die Ent­schei­dung hat das Gericht die Revi­si­on zum Bun­des­ge­richts­hof (BGH) zuge­las­sen um höchst­rich­ter­lich klä­ren zu las­sen, ob u.a. die Rege­lun­gen der DSGVO Markt­ver­hal­tens­re­geln dar­stel­len oder nicht.

Kos­ten der Abmah­nung: 9.300 EUR

Dabei ging das Gericht von einem Streit- bzw. Gegen­stands­wert von 10.000 EUR aus. Die­ser Wert ist Berech­nungs­grund­la­ge für die anfal­len­den Kos­ten des Gerichts­ver­fah­rens. Für die­ses Ver­fah­ren dürf­te der Händ­ler also ca. 9.300 EUR zu zah­len haben (vor­ge­richt­li­che Kos­ten, Hono­rar der Anwäl­te und Kos­ten des Gerichtes).

Doch damit nicht genug: Es kön­nen noch wei­te­re Ansprü­che des abmah­nen­den Ver­ban­des dazu kom­men, die sich aus dem UWG ergeben.

Schutz vor Abmah­nun­gen: Was müs­sen Sie jetzt beachten?

Zur Ver­mei­dung von Abmah­nung und zeit­auf­wen­di­gen Pro­zes­sen usw. soll­te jeder, der per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten von Kun­den, Beschäf­tig­ten, Pati­en­ten, Man­dan­ten usw. ver­ar­bei­tet, noch­mals genau prü­fen (las­sen) — ggf. durch eine Daten­schutzau­di­tor - ob die Ver­ar­bei­tungs­pro­zes­se alle erfasst sind (vergl. Art. 30 DSGVO “Ver­zeich­nis aller Ver­ar­bei­tungs­tä­tig­kei­ten”) und die erteil­te Infor­ma­tio­nen nach Art. 12 ff. DSGVO aus­rei­chend sind. Soll­te es Unsi­cher­hei­ten oder Dif­fe­ren­zen geben, muss das Pro­blem zeit­nah gelöst werden.

Soll­te auch der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) ent­schei­den, dass die DSGVO Markt­ver­hal­tens­re­geln ent­hält, steht zu erwar­ten, dass noch mehr Unter­neh­men abge­mahnt wer­den (“Abmahn­wel­le”).

Wich­tig ist jetzt, dass die Pro­zes­se im Unter­neh­men daten­schutz­kon­form sind. Des­halb muss auch unter­schie­den wer­den, wel­che Infor­ma­tio­nen für wel­che Ver­ar­bei­tung erteilt wer­den. Es reicht näm­lich nicht, nur eine Daten­schutz­er­klä­rung auf der Web­site vor­zu­hal­ten, wenn auch “außer­halb der Web­site” Daten ver­ar­bei­tet werden:

  • Stel­len Sie Kun­den, Mit­ar­bei­tern, Lie­fe­ran­ten usw. einen Zugang zum WLAN zur Verfügung?
  • Ver­ar­bei­ten Sie Beschäf­tig­ten­da­ten (z.B. Schicht­pla­nung, Lohn­ab­re­chung, Per­so­nal­ak­te, Krank­mel­dun­gen usw.)?
  • Ver­ar­bei­ten Sie “off­line” Daten von Kun­den (z.B. Regis­trier­kas­se, Ter­min­buch, Brie­fe, Anru­fe, Geburts­tags­kar­ten, Ein­la­dun­gen usw.)?

Soll­te einer der vor­ge­nann­ten Punk­te zutref­fen, müs­sen Sie zwin­gend neben der “Online”-Datenschutzerklärung auch eine “Offline”-Datenschutzerklärung haben.

Die 9.300 EUR, die der abge­mahn­te Händ­ler an die Anwäl­te und das Gericht zu zah­len hat, wären sicher bes­ser in das Daten­schutz­ma­nage­ment­sys­tem (DMS) oder einen guten Daten­schutz­be­auf­trag­ten investiert.

Hin­wei­se zur wei­ter­füh­ren­den Texten

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum “Gesetz gegen den unlau­te­ren Wett­be­werb (UWG)” sind auch in Online-Kom­men­ta­ren erhältlich: